„Der Teufel auf Rädern“ – THE CAR (1977) | Filmkritik (2025)

„Der Teufel auf Rädern“

Der Horrorfilm versuchte schon immer das übernatürliche Böse in den Alltag der Menschen zu holen. Geister oder Monster sieht man nicht alle Tage, aber eine Puppe, eine Vogelscheuche oder in diesem Fall ein Auto schon öfter. Auch wenn die grundlegende Annahme, ein Fahrzeug als Serienkiller darzustellen, erst einmal absurd klingt, hat es zwei Vorteile: Zum einen, ist dieser Gegenstand jedem bekannt und ein ständiger Begleiter im Leben der Menschen. So kann man nach dem Filmgenuss von THE CAR einen völlig anderen, vielleicht sogar ängstlichen Blick auf diesen Gebrauchsgegenstand in der Garage werfen. Ein weiterer Vorteil ist, dass dem Auto schon immer eine gefährliche, ja sogar tödliche Aura anhaftet. Jedes Jahr, sterben bei Verkehrsunfällen immer noch tausende Menschen. Ob nun durch Unachtsamkeit des Fahrers bei einem Verkehrsunfall oder als Mordwaffe, bei einem Terroranschlag.

Das Auto als Waffe eingesetzt, anonymisiert recht leicht den Fahrer. Es gibt dem Lenker auch einen Schutzraum gegenüber Fußgängern und jeder kennt den Zorn im Straßenverkehr, welcher selten zur eigenen Persönlichkeit passt. Es ist ein motorisierter Wunder, das den Menschen schnell von einem zum anderen Ort bringt, aber auch große Macht verleiht. Eine winzige Kugel wird durch eine Schusswaffe so beschleunigt, dass sie Leben auslöschen kann und mit einem Auto ist es kaum anders, jedoch in einer brachialen und massiven Art. In THE CAR gibt es keinen „geisteskranken Irren“, der hinter dem Lenkrad sitzt, sondern das Böse selbst steuert das Ungetüm und hinterlässt eine Vielzahl von Leichen auf seinem Weg.

Handlung

Ein junges Pärchen radelt durch die Straßenschluchten des malerischen Utahs. Um die Wette schießen sie die Serpentine hinunter, erfreuen sich am Leben in Freiheit und den leeren Straßen. Plötzlich taucht ein dunkles Auto hinter ihnen auf. Mit bedrohlichem Signalhorn beschleunigt es, zerquetscht erst die Frau an einer Begrenzungsmauer und drängt wenige Meter weiter den anderen Teenager samt Rad von einer hohen Brücke. Dies war nur der erste Auftakt einer Reihe von Unfällen mit tödlicher Absicht.

Im verträumten Santa Ynez kennt jeder jeden und wahllos Menschen über den Haufen zu fahren ist für die Einwohner schwer vorstellbar. Der stellvertretende Sheriff Wade (James Brolin) ist dem Mörder auf vier Rädern immer ein paar Momente hinterher, weil der Fahrer oder vielmehr das Fahrzeug unnatürliche Fähigkeiten besitzt. Es taucht auf wo es will und kommt bei Unfällen stets ohne einen Kratzer davon.

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Wer ist der Mörder?

Vor allem zu Beginn lebt der Film von dem Gedanken, welcher perfide Geist denn dieses Gefährt lenken mag. Immer wieder ist die Kamera auf dem Fahrersitz hinter den orangegetönten Scheiben, auf der Suche nach einem neuen Opfer. Auch die Polizei und die Einwohner fragen sich, wer denn so krank und mordlüstern sein kann. Erst als das Fahrzeug wie ein tollwütiger Hund, eine Gruppe Schüler auf einem alten Friedhof eingekreist hat und nicht hineinzugelangen scheint, kommt der Gedanke auf, es mit etwas Übernatürlichem zu tun zu haben. Hier verliert der Film leider etwas seine Spannung und einem selbst wird klar, dass es zum Schluss kaum eine Aufklärung geben wird.

Aber Regisseur Elliot Silverstein gibt sich deutlich Mühe, dieses Monster mysteriös und beängstigend unsterblich zu machen. Action-Highlight im Film ist ganz klar die Seitenrolle des schwarzen Boliden, der über zwei entgegenkommende Polizeiwagen rollt, die sofort explodieren und THE CAR einfach weiterfährt als ob nichts gewesen wäre. Der Film ist auch ein Highlight der praktischen Spezialeffekte, die direkt vor Ort gedreht wurden. Es ist eine der ersten Arbeiten von Special-Effects-Ikone Kevin Pike (ZURÜCK IN DIE ZUKUNFT, JURASSIC PARK) und dem FX-Künstler William Aldridge (STAR TREK, DAS FÜNFTE ELEMENT).

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Die Darsteller

Ein Horrorfilm überzeugt erst durch seine Figuren. Je zugänglicher und vielschichtiger ihre Persönlichkeiten im Drehbuch beschrieben werden, so realer wird die Welt in der sie leben. Vor allem die Hippikultur findet immer wieder kleine Auftritte durch manche Rolle. Die ersten drei Opfer sind junge Leute, die ihre Freiheit genießen. Aber auch die beiden Lehrerinnen Lauren (Kathleen Lloyd) und Margie (Elizabeth Thompson) sind selbstständig und stehen ihren Polizeimännern Wade (James Brolin) und Luke (Ronny Cox) gleichwertig gegenüber. Ein für die Zeit modernes Arbeitsleben, auch wenn es sich um geschlechterspezifische Berufe handelt.

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Wenn die Figur des Polizisten Luke im weiterem Filmverlauf immer weinerlicher wird, wieder zur Flasche greift und schon stark an die Nerven der Zuschauer reißt, zeigt Brolin eine vielschichtige Figur, die sich zum Helden wandelt. James Brolin, Vater von keinem geringeren als Josh Brolin, zeigt einen einfachen, aber durch die Situation stärker werdenden Charakter. Als alleinerziehender Vater beweist er sich genauso solide, wie bei den Ermittlungen und Organisation der sehr langsamen, begriffsstutzigen Kollegen. Aber auch er wird am Ende mit einer gebrochenen Seele dem Monster gegenüberstehen.

Das Ungetüm auf Rädern

Ein Lincoln Continental Mark III Coupe (Baujahr zwischen 1968 und 1971) wurde als Grundlage für dieses Monster genommen. Das Dach wurde niedriger gesetzt, die Scheiben getönt und die Türgriffe entfernt. Es ist ein dunkler, mächtiger Stahlkasten ohne jedes Identifikationsmerkmal, was Augenzeugen bei dessen Beschreibung ahnungslos werden lässt. Zwei runde Scheinwerfer, die immer wieder bedrohlich auftauchen, verleihen dem Wagen einen gnadenlosen Gesichtsausdruck.

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Immer wieder musste bei den Dreharbeiten in der Wüste die Karosserie entstaubt werden. Das bringt kleinere Kontinuitäts-Fehler im Schnitt, fügt sich aber ganz hervorragend in das Bild der Übernatürlichkeit des Gegenstands ein. Wenn der Wagen sich durch den Dreck bewegt, ist er staubig und wenn er zum Stehen kommt, frisch poliert. Diesem über Zwei-Tonnen-Gefährt spürt man in jeder Szene eine unbändige Kraft an, das – man wird es im Film erleben – selbst durch ganze Häuser durchbrettern kann. Leider gibt es zu wenige Nachtaufnahmen, welche zumindest etwas Grusel heraufbeschwören können, denn in Szenen bei Tageslicht wird man das Gefühl nicht los, dass doch jemand hinter dem Lenkrad sitzt.

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Fazit

Wenn man sich in jungen Jahren Ende der 1970er-Jahre in eine Vorstellung von THE CAR gemogelt hat, wird man diesen Film bis jetzt sicherlich noch als Kultobjekt verehren. Aus heutiger Sicht, ist die Prämisse zwar interessant, entwickelt aber durch die behäbige Inszenierung wenig Spannung. Dennoch kann man sich zurücklehnen und voller Begeisterung erleben, was damals mit wenig Geld auf die Beine gestellt wurde, als das Produktionsstudio Universal zu den Beteiligten sagte: „Lasst uns nochmal DER WEISSE HAI drehen. Diese Mal in der Wüste und einem Auto anstelle des Hais.“

THE CAR belegt Platz 25 auf unserer Liste der besten Horrorfilme aus den 1970er-Filmjahren.

© Christoph Müller

Titel, Cast und CrewDer Teufel auf Rädern (1977)
OT: The Car
Poster„Der Teufel auf Rädern“ – THE CAR (1977) | Filmkritik (6)
Releaseab dem 28.06.2018 im Mediabook (1 Blu-ray + 2 DVDs)

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„Der Teufel auf Rädern“ – THE CAR (1977) | Filmkritik (7)„Der Teufel auf Rädern“ – THE CAR (1977) | Filmkritik (8)

RegisseurElliot Silverstein
Trailer
BesetzungJames Brolin (Wade Parent)
Kathleen Lloyd (Lauren)
John Marley (Everett)
R.G. Armstrong (Amos)
John Rubinstein (John Morris)
Elizabeth Thompson (Margie)
Doris Dowling (Bertha)
Henry O'Brien(Chas)
DrehbuchDennis Shryack
Michael Butler
Lane Slate
KameraGerald Hirschfeld
MusikLeonard Rosenman
SchnittMichael McCroskey
Filmlänge96 Minuten
FSKab 16 Jahren

Christoph Müller

Chefredakteur

Kann bei ZURÜCK IN DIE ZUKUNFT mitsprechen / Liebt das Kino, aber nicht die Gäste / Hat seinen moralischen Kompass von Jean-Luc Picard erhalten / Soundtracks auf Vinyl-Sammler / Stellt sich gern die Regale mit Filmen voll und rahmt nur noch seine Filmposter

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